Als in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts die Phyllokakteenzucht begann, standen gelb blühende Hybriden noch völlig außerhalb der erreichbaren Möglichkeiten. Dies war auch gar nicht anders zu erwarten, denn mit der rosafarbenen 'Nopalxochia phyllanthoides' (DC.) Br. & R., der scharlachroten Nopalxochia ackermanii(Haw.) Knuth und dem karminroten 'Heliocereus speciosus' (Cavan.) Br. & R. standen zunächst nur Pflanzen als Kreuzungspartner zur Verfügung, in deren Blüten ein mehr oder weniger kräftig rotes Pigment zur Ausbildung kommt, das zudem noch ausgesprochen dominant vererbt wird. Die aus den ersten Anfängen hervorgegangenen bigenerischen Primärhybriden unterschieden sich in ihren Blüten somit nur geringfügig voneinander: sie waren durchweg rot, mal heller, mal dunkler, mit meist deutlich ausgeprägtem Karminanteil, der als bläulicher Schimmer die Ränder der Petalen zierte.
Dies änderte sich grundlegend, als um 1840 herum das innen rahmfarbene, außen grünlich- bis gelblich-weiß blühende Epiphyllum crenatum (Lind!.) G. Don. nach Europa kam, das wenig später eingekreuzt wurde, und als weitere Stammart unserer Phyllos für eine deutliche Erweiterung der Farbenvielfalt sorgte. In diesem Zusammenhang sind besonders die beiden französischen Züchter Charles Simon und Lorenzo Courant zu erwähnen, die viele neuartige Hybriden kreierten, deren Farbskala nun auch die hellen Töne einschloss, die von weiß mit und ohne gelblicher oder grünlicher Komponente über vielerlei rosa und lachsfarbene Abstufungen bis ins Orangerote reichten. Der erstgenannte Züchter war es mit großer Wahrscheinlichkeit auch, dem etwas später der denkwürdige Schritt gelang, Epiphyllum crenatum mit der populären "Königin der Nacht" Selenicereus grandiflorus (L.) Br. & R.) und der nicht minder bekannten "Prinzessin der Nacht" ('Selenicereus pteranthus' (Lk. & 0.) Br. & R.) zu kreuzen. Die hieraus resultierende Hybridgattung wurde gut 100 Jahre später von Gordon Rowley als x Seleniphyllum (= Epiphyllum x Selenicereus) gültig beschrieben, und einzelne Gartenformen aus ihr, allen voran die Sorten "Cooperi" und die sehr ähnliche "Pfersdorffii" '( siehe Nachtrag 2009 )', haben bis in die heutigen Tage hinein weltweite Verbreitung gerade auch bei Nicht-Kakteenfreunden erfahren, für die die sehr großen und stark duftenden weiß-gelblichen Blüten eine willkommene Bereicherung zu den ebenfalls sehr beliebten roten und rosa Blumen eines "Schusterkaktus" (= x Heliochia violacea bzw. vandesii) oder 'Alatus' (= Nopalxochia phyllanthoides 'Deutsche Kaiserin') darstellten. Man erkennt jene Züchtungen auch im blütenlosen Zustand leicht an ihrem kompakten Habitus und den gestielten, fast glattrandigen, im Neutrieb rotbraunen, später graugrünen Flachsprossen, die vorzugsweise unten, aus den runden, hell beborsteten "Stengeln" heraus blühen. Allein die sich zunächst langsam entwickelnden, später bei Wärme rasant größer werdenden, spitzen, sehr lang gestreckten gelben Knospen mit bronzefarbenen Hüllblättern sind schon beeindruckend genug, und die bis 25 cm breiten und mitunter über 30 cm langen Blüten stehen an Schönheit denen der 'Königin' oder 'Prinzessin' nur wenig nach, halten dafür aber mit 2-3 Tagen und Nächten wesentlich länger.
Diese beiden Hybriden sowie eine Anzahl weiterer Blendlinge, die entweder später auf ähnliche Machart oder aber durch Kreuzungen untereinander bzw.
durch Rückkreuzungen nach Epiphyllum crenatum hin entstanden, bilden eine spezielle Gruppe für sich innerhalb der Phyllokakteen, die Altmeister
W. O. Rother einst "Cooperi Klasse" nannte. Sie alle haben mehr oder weniger stark duftende, große Blumen, die innen überwiegend reinweiß, gelegentlich auch
cremefarben, außen von grünlich weiß über differenzierte Bronzetöne bis hin zu gelb gefärbt sein können. Diese Sorten wurden ob ihrer günstigen Eigenschaften
bis in die jüngste Vergangenheit unzählige Male als Kreuzungspartner für die Weiterzucht benutzt, und in manch einer großblütigen, manchmal auch duftenden
Gartenform verbirgt sich die Abstammung einer "Cooperi" / "Pfersdorffii", obgleich ihr bunter, schillernder Flor dies nicht so ohne weiteres vermuten lässt.
Mit der Entstehung der Neuen "Cooperi Klasse" wurde zum ersten Mal der Wunsch nach gelbblütigen Pflanzen laut. Die Phyllo Zucht hatte in relativ kurzer
Zeit eine Vielzahl von Blütenfarben, -formen und -größen geschaffen, und es fehlten eigentlich nur noch blaue und gelbe Blüten, wobei Erstere jedoch wegen
des völligen Fehlens von Anthozyanen 1) bei Kakteen sowieso ein Wunschtraum bleiben müssen 2). Durch das Einkreuzen von Heliocereus speciosus
tritt jedoch dessen typischer stahlblauer Farbschimmer bei sehr vielen Bastarden in so ausgeprägter Form auf, dass rein blaue Blüten kaum vermisst werden.
Die Abwesenheit von gelben Blumen wurde dagegen als echter Mangel empfunden, da diese Farbe, die von vielen Menschen als sehr angenehm empfunden wird, bei Kakteen
sehr häufig anzutreffen ist, nur eben bei den Phyllos bisher nicht. Was lag also näher, sich in der Zucht gelber Blüten zu versuchen, wobei als
Ausgangsmaterial eigentlich nur die Hybriden der "Cooperi-Klasse" in Frage kamen, wo bei einigen Sorten ja schon ein recht kräftiges Gelb zu vermerken war,
wenn auch vorerst nur beschränkt auf den Kranz der äußeren Kronblätter, während sich das innere Perigon noch durchweg in Weiß bis Crem präsentierte. Rother
(1921) gar berichtete in seinem "Praktischen Leitfaden" von einer "Cooperi", die im Zimmer buttergelbe (also hellgelbe) Blumen "von wunderbarer Pracht" brachte,
um ein paar Tage später im Freien dann aber leuchtend weiß zu erblühen, nachdem sie in den vorhergehenden Jahren stets ein zartes Crem gezeigt hatte.
So spricht einiges dafür, dass es nur eine Frage der Zeit zu sein schien, bis man auch gelbe Sorten zur Verfügung hatte. Dennoch haben sich in der Folgezeit
Generationen von Phyllozüchtern vergeblich bemüht, dieses Ziel zu erreichen. In der Literatur sowie in Pflanzenlisten und Katalogen der damaligen Zeit tauchten
zwar immer wieder einmal Namen von gelbblütigen Phyllos auf, aber diese waren - wenn überhaupt - nur wenig besser als die o.a. Ausgangsformen. Sorten wie 'Wrayi'
(Courant), 'Tettaui' (Simon) 3), 'Franzisco' (Nicolai), 'Luna' (Bornemann) und vor allem 'Deutschland' (Knebel) galten lange Zeit als Beste in dieser Kategorie,
aber dies war, wie gesagt, immer noch ziemlich unbefriedigend, da sie für gewöhnlich innen halt mehr oder weniger weiß, ausnahmsweise auch einmal etwas mehr
ins Gelbliche gehend blühten.
So war es dann auch eine kleine Sensation, als die beiden Züchter Paul Fort und Garland O'Barr, Besitzer des einst bei Insidern wohlbekannten
"Country Garden" in Manhattan Beach nahe Los Angeles, im Jahre 1957 die ersten "echten" gelben Phyllokakteen vorstellten, nämlich 'Reward', 'Discovery' und
'Golden Fleece'. Sie gingen hervor aus einer Kreuzung, die in ähnlicher Form wohl schon oft zuvor durchgeführt worden war, und von der man dieses Ergebnis
nicht so ohne weiteres erwarten durfte:
'Thorinne' (kräftig rot mit karminviolett) x 'Madonna' (weiß, außen gelb), die "Mutter" mit einiger Wahrscheinlichkeit eine x Heliochia-Gartenform
(Nopalxochia x Heliocereus), der "Vater" mit ziemlicher Sicherheit ein Angehöriger aus der Cooperi Verwandtschaft.
Diese Kreuzung erwies sich als überaus erfolgreich, denn neben den drei genannten, heiß ersehnten Sorten stehen weitere Geschwisterpflanzen aus diesem
Schwarm bei Phyllofreunden hoch im Kurs wegen ihrer guten vegetativen Eigenschaften und ihrer Blühfreudigkeit. Erwartungsgemäß sind in der bunten Farbpalette
der Blumen rote bis orangefarbene Tönungen mit unterschiedlichem Karminanteil reichlich vertreten, aber es gibt auch etliche Nachkommen, bei denen alle
Schattierungen von reinem Weiß bis hin zum Gelb in differenzierten übergängen vorkommen. Viele bleiben, wohl als Erbe der "Cooperi", in ihren Ausmaßen eher
bescheiden, kommen also Liebhabern mit beengten Verhältnissen entgegen, und auch sonst sind sie sehr variabel, wofür die oben genannten gelben Sorten ein gutes
Beispiel abgeben, die sich trotz ähnlicher Pigmentierung klar voneinander unterscheiden. Der Gelbfaktor ist bei 'Reward' am ausgeprägtesten und bei
'Golden Fleece' am relativ geringsten; 'Discovery' übertrifft alle an Blühfreudigkeit, während 'Golden FIeece' besonders schön geformte Blüten hat. Warum gerade
diese Kreuzung zu dem erwünschten Resultat führte, ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Wie schon erwähnt sind Cooperi Formen sehr oft für die
Weiterzucht benutzt, also auch schon vorher mit nopalxochia- und speciosus-blütigen Hybriden gekreuzt worden, ohne dass sich ein ähnliches Resultat eingestellt
hätte. Es ist ja schon lange bekannt, dass sich das rote Pigment einer Nopalxochia, mehr noch eines Heliocereus speciosus, dominant weitervererbt. Bei den
hierzulande permanent unter Platzmangel leidenden Liebhabern mag aber vielleicht bis dato immer nur ein Teil der Sämlinge einer solchen Allianz aufgezogen
worden sein, sodass der geringe Anteil an cooperi ähnlichen, vielleicht sogar etwas mehr nach Gelb tendierenden Nachkommen ganz einfach immer wieder verpasst
worden war. In Kalifornien, wo Phyllokakteen unter dem Einfluss des milden Klimas ganzjährig in Gartenkultur gehalten werden, konnten Aussaaten ungleich großzügiger
und damit auch mit viel mehr Aussicht auf Erfolg durchgeführt werden als bei uns.
Andererseits gehörten Fort & O'Barr zu den prominentesten Züchtern der Nach-Knebel-Ära und waren damit auch sicherlich Experten genug, um nicht ausschließlich auf Zufallsergebnisse angewiesen zu sein. Bei der Auswahl der Partner mag demnach das Kalkül mitgespielt haben, dass bei der Kreuzung zweier Pflanzen mit ausgesprochen intensiv gefärbten ('Thorinne') und solchen mit schwach pigmentierten Blüten ('Madonna') bei genügend großer Nachkommenschaft theoretisch auch einige Exemplare entstehen können, bei denen die Intensität der Blütenfarbe des einen wie des anderen Elternteils in gesteigerter Form auftritt. Wie dem auch sei, ein wichtiger Anfang war gemacht, aber so groß der Fortschritt bei den Neuen auch war, sie weisen alle noch den Nachteil auf, bei im Knospenstadium zu warmer und sonniger Kultur innen fast weiß zu blühen. Sie haben damit dieselben Eigenschaften wie fast alle Phyllos, nämlich je nach Kulturzustand und -art u. U. von Jahr zu Jahr unterschiedlich getönte Blüten zu bringen. Um dies bei den "Gelben" zu vermeiden, tut man grundsätzlich gut daran, die Pflanzen im Knospenstadium relativ kühl um ca. 15-16°C herum zu belassen und nicht zu treiben, wenn man gut ausgefärbte Blumen bewundern will. Darüber hinaus ist immer noch ein deutlicher Unterschied zwischen inneren und äußeren Kronabschnitten zu sehen, der nicht dem Ideal entspricht. Während die äußeren Petalen ein schönes, kräftiges Gelb zeigen, sind die Inneren viel heller bis cremefarben, jedoch mit intensiverem Mittelstreif, sodass von Weitem betrachtet der Eindruck einer echt gelben Blüte durchaus entsteht.
Die Neuzüchtungen haben damals viel Anklang gefunden und sind auch heute noch erhältlich. Die Blumen sind aber verbesserungsbedürftig, und so nimmt es nicht wunder, dass seitdem immer wieder versucht wurde, die Qualität der Farben zu steigern. Eine der bekannteren Sorten, die etliche Jahre später auf den Markt kam, ist die von P. Hutchison gezüchtete 'Clarence Wright', die aus der Kreuzung 'Reward' x 'Discovery' hervorgegangen ist und somit als direkte und logische Fortsetzung der Zuchtlinie anzusehen ist. Sie übertrifft ihre Eltern an Farbintensität, ist aber immer noch ziemlich anfällig gegenüber Farbabweichungen, über deren Ursachen ich schon sprach. Etwas später erschienen auch die ersten gelben Sorten aus England, von denen die leider empfindliche 'London Sunshine', gezüchtet vom bekannten Autor des Phyllo-Buches "Fine Flowered Cacti", F. R. Mc. Quown, auch in Deutschland eine gewisse Popularität erlangte. Einige Züchter um den bekannten Sukkulenten Fachmann und Buchautor Clive Innes gingen andere Wege und griffen eine Idee von Johannes Nicolai wieder auf, der in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts versucht hatte, Echinopsis aurea (syn. Lobivia/Pseudolobivia aurea) einzukreuzen, was ihm angeblich auch gelungen war. Aus dieser Nachkommenschaft hat die Sorte 'Adelheid Nicolai' bis in die heutigen Tage überlebt, die aber weiß und nicht gelb blüht. Seine 'Güntheri' dagegen, die aus der Verbindung Nopalxochia phyllanthoides x Echinopsis aurea hervorgegangen war, soll schon einiges an Gelb aufzuweisen gehabt haben, ist aber in unseren Sammlungen schon längst nicht mehr existent. Clive Innes (1990) berichtet nun in einem Artikel in "Epiphytes" von seinen, wie er meint, erfolgreichen Experimenten und denen seiner Freunde mit Echinopsis aurea, woraus seine gelbe Sorte 'Achievement' (Epiphyllum crenatum x Echinopsis aurea) als vielleicht Bekannteste hervorgegangen ist 4). Es fällt jedoch auf, dass seit Nicolais Zeiten Echinopsis aurea fast immer als Vaterpflanze fungiert hat, sodass die Nachkommen auch als Produkt von Irritationsbestäubungen ähnlich wie bei einer sogenannten "Selbstung" und damit ohne direkte Beteiligung der o. a. Pflanze entstanden sein können. Angesichts der meist hybriden Natur der verwendeten Mutterpflanzen, die meines Erachtens auch bei den von Innes und Nicolai benutzten Epiphyllum crenatum bzw. Nopalxochia phyllanthoides nicht ganz auszuschließen ist, kommt es bei der Nachkommenschaft dann zu einer ähnlich breit gefächerten Aufspaltung der Eigenschaften wie ansonsten auch, was die Entstehung der gelben 'Güntheri' und 'Achievement' auch erklären könnte, zumal außer der vermeintlich von Echinopsis aurea geerbten Blütenfarbe keine weiteren typischen Eigenschaften des Vaters zu erkennen sind.
Seit Mitte der 70er Jahre erscheinen in immer kürzeren Abständen neue gelbblühende Phyllokakteen auf dem Markt, die fast ausschließlich ihren Ursprung
in Kalifornien haben. In diesem Zusammenhang sind besonders zwei Namen zu nennen, die die Phyllozucht der 70er und 80er Jahre ganz wesentlich mitbestimmt
haben: George French aus San Diego und der erst vor kurzem hochbetagt verstorbene Wressey Cocke aus Redondo Beach bei Los Angeles. Unter den Händen dieser
beiden Männer sind eine unglaubliche Zahl neuer Gartenformen entstanden, von denen manch eine schöner als die andere ist. Nach meinen Schätzungen kann man davon
ausgehen, dass auch über 90 % der heute erhältlichen "Gelben" von den beiden stammen oder unter Beteiligung ihrer Sorten herausgezüchtet wurden.
Man könnte annehmen, dass alle diese Pflanzen mehr oder weniger ähnlich untereinander sind, was aber durchaus nicht der Fall ist. Schon in der Färbung gibt es
Unterschiede, z. B. in Bezug auf den Sättigungsgrad, also auf die Intensität der in der Blüte ausgebildeten Pigmentierung. Des Weiteren unterscheiden sich die
einzelnen Sorten in der Qualität der gelben Farbe, die durch leichte Beimischung von Grün, Braun oder Orange eine ganz bestimmte Tönung annehmen kann. Die
Skala reicht hier von Zitronengelb über Kanariengelb, Bronzegelb und Chromgelb bis hin zum strahlenden Goldgelb, variiert, wie schon erwähnt, durch verschiedenen
Sättigungsstufen. Ein noch vielfaltigeres Bild ergibt sich, wenn man Blütengrößen und -formen mit einbezieht. Durch die überwiegende Abstammung von x
Seleniphyllum-Formen hat auch Selenicereus-"Blut" Eingang in die meisten Sorten gefunden, was sich positiv auf die Blütengrößen ausgewirkt hat, die in ihrer
Mehrheit groß bis sehr groß ausfallen. Die glocken-, becher- oder trichterförmigen Blumen erreichen im allgemeinen Durchmesser zwischen 18 und 25 cm, vereinzelt
sogar bis 30 cm, und viele duften dabei - sozusagen als Extrabonus - des Nachts sehr stark, ähnlich wie Lilien. Es gibt aber mittlerweile auch schon
sogenannte "Miniatur-Hybriden" mit viel kleineren, dafür aber reichlicher und öfter im Jahr erscheinenden, radförmig
sich öffnenden, gelben Blüten, die ebenfalls einen starken Wohlgeruch, hier aber wegen ihrer
Disocactus (syn. Pseudorhipsalis) macranthus (Alex.) Kimn. &
Hutch.-Abstammung aufweisen 6).
Obgleich heute kein echter Mangel mehr an Pflanzen der hier besprochenen Art besteht, ist ihr Anteil an der Gesamtzahl der existierenden Phyllokakteen immer noch ziemlich gering. Es gibt sie ja auch noch nicht so allzu lange, und wenn man bedenkt, dass zwischen Aussaat und erstem, dabei womöglich noch enttäuschenden Erblühen Jahre vergehen, kann man sich unschwer einen Reim daraus machen. Für jeden Züchter ist es deswegen nach wie vor eine große, aber auch eine viel Freude bringende Herausforderung, neue gelbe Hybriden zu erzielen, die in irgendeiner Hinsicht - sei es im Sättigungsgrad oder in der Beständigkeit der Farbe oder aber in Bezug auf andere Kriterien wie Wüchsigkeit, Blühfreudigkeit, Blütengröße, Blütenform oder Blütezeit - einen Fortschritt bringen. Eine derartige Neuzüchtung ist bei Liebhabern stets etwas Besonderes, und auf den jährlich im Mai in Los Angeles, San Diego und San Franzisko stattfindenden Ausstellungen, bei denen nicht selten Hunderte von Phyllokakteen aller Kategorien in vollem Flor zu bewundern sind, werden neue "Gelbe" wie bisher mit spezieller Hinwendung und Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen. Die Pflege der gelbblütigen Gartenformen unterscheidet sich bis auf einen Punkt nicht von der anderer Phyllokakteen. Als Substrat verwenden wir dieselbe Erde wie bei Oster- bzw. Weihnachtskakteen oder wie bei Aporokakteen und deren Abkömmlingen. 7) Gegossen wird mit möglichst weichem, kalkarmen Wasser, denn Epiphyten sind gegen das Alkalisch-Werden des Bodens empfindlich. Notfalls muss jedes Jahr in frische, viel Torf enthaltende Erde umgetopft werden, um Wachstum und reiches Blühen aufrecht zu erhalten. Dabei kann man gleichzeitig überprüfen, ob sich Wurzelläuse eingenistet haben, den Einzigen ernst zu nehmenden, weil hartnäckigen Schädlingen bei diesen Pflanzen, mit denen der Liebhaber seine liebe Not hat.
Mit am wichtigsten bei der Kultur der Phyllos ist die Einhaltung einer mindestens 2-monatigen, besser vierteljährlichen Ruhezeit von ca. November bis Ende Februar, in der sie an einem um 10°C kühlen, jetzt auch möglichst vollsonnigen Ort stehen möchten. Höhere, von der Sonne verursachten Tagestemperaturen bei gleichzeitigem Absinken der Wärmegrade des Nachts auch unter dem o. a. Wert sind dabei äußerst günstig und fördern den Blütenansatz, der sich je nach Sorte schon während des Januar einstellen kann. Wir lassen die Pflanzen aber dennoch bis Anfang März ruhen und geben ihnen auch weiterhin nur gerade so viel Wasser, dass das Substrat schwach feucht bleibt, also nicht staubtrocken wird. Wetterkapriolen, wie sie in unseren Breiten ausgangs des Winters nur allzu oft auftreten, lassen sich auf diese Weise am besten überstehen. Etwaiger Knospenabfall braucht uns nicht zu beunruhigen, denn Phyllos bringen meistens sowieso nur so viele Blüten durch, wie sie "verkraften" können. Bei der Haltung, der gelben Sorten ist lediglich zu beachten, dass viele - aber nicht alle - allgemein etwas wärmere Temperaturen benötigen. Da Phyllos im Sommer gern an geschützten, jetzt aber etwas absonnigen Stellen im Freien stehen möchten, sollte man die "Gelben" als letzte aus- und als Erste im September wieder einräumen, um sie bei 12-14°C zu überwintern. Auf mögliche Farbverfälschungen und was man dagegen unternehmen kann ist schon weiter oben hingewiesen worden.
Ich habe in den letzten Jahren mit fast allen bekannteren und im Handel erhältlichen gelb blühenden Sorten Erfahrungen sammeln können und möchte zum
Schluss auf einige, die mir auf irgendeine Weise positiv oder negativ aufgefallen sind, noch gesondert eingehen.
Die empfindlichsten und am schlechtesten wachsenden Sorten waren 'Madeline' und 'Lemon Custard', wobei Letztere
zudem auch farblich nicht befriedigen kann. Beide sind nicht empfehlenswert.(siehe Anmerkung Webmaster)
Die Sorte mit den farbechtesten, dem Gelb eines Notocactus nicht nachstehenden
Blumen war 'Verano' (Bild 1), die aber unbedingt wärmer gehalten werden muss. Ähnliches gilt für 'Marge Cocke'
(Bild 2). 'Olympic Gold' (Bild 3) macht ihrem Namen alle Ehre: "Olympisch" sind ihre robuste Wüchsigkeit und
überdurchschnittliche Blühfreudigkeit, die sich auch darin äußert, dass eine 2. Blütezeit im Spätherbst bis Winter üblich ist. Der Flor ist zwar nur mittelgroß,
dafür aber in seinem beständig wiederkehrenden, leuchtenden Goldgelb ziemlich einmalig.
Als Pflanze mit den besten "Allround"-Eigenschaften würde ich 'George French' (Bild 4) bezeichnen, eine Hybride,
die unempfindlich gegen kühlere Temperaturen ist, die leicht blüht, gutwüchsig ist und was den Gelbfaktor der Blüte angeht einen guten Mittelplatz einnimmt.
Ahnlich einzuschätzen ist 'Jennifer Ann' (Bild 5).
Die wohlgeformteste und dabei noch mit am stärksten duftende Blume hatte 'William Clark', auch wenn ihre Inneren, zu einem schönen Becher geformten Blütenblätter
"nur" cremefarben sind. Dafür kontrastieren sie aber sehr attraktiv zu den elegant abstehenden, gelben bis bronzefarbenen äußeren Petalen.
Extrem großblumige Formen sind 'Sonoma Sunshine' (Bild 6) und 'Marie Josephine', (Bild 9) deren Blütenkronen
30 cm im Durchmesser erreichen können.
Bild 10: ´Dijonnaise´
Nachtrag: 2009
Anmerkung: In der Zwischenzeit gibt es einige neue Erkenntnisse bezüglich der ’Cooperi’.
Fakt ist, dass die Herkunft dieser Pflanze unklar ist und nie eindeutig dokumentiert wurde. Es ist nur bekannt, dass ein Mr. Cooper sie zwischen 1870 und
1875 von einem Mr. Wilson Saunders aus Reigate (England) erhielt, dass sie daraufhin als „Phyllocactus cooperi“ bezeichnet wurde und dass sie in der
Kew Garden-Sammlung
in den 90er Jahren als Hybride zwischen Epiphyllum crenatum und Selenicereus grandiflorus geführt wurde, nachdem sie
von Regel (1884) als eine solche beschrieben worden war. Diese in der Folgezeit von vielen Kakteenexperten unterstützte Ansicht fußte auf bestimmten Merkmalen,
die eine Abstammung von den beiden genannten Eltern, vor allem auch von Selenicereus, als logisch erscheinen lassen, wie z.B. das dicht beschuppte und bedornte
Pericarpell, die runden, mit zahlreichen Borstendornen besetzten basalen Triebteile, aus denen darüber hinaus nicht selten die grandiflorus-ähnlichen Blüten
erscheinen, etc. Diese Hybride und einige weitere von entsprechend vermuteter Abstammung (z.B. ’Wrayi’, ’Pfersdorffii’, ’Tettaui’[Simon] u.a.) wurden innerhalb
der Phyllokakteen als “Cooperi-Klasse“ zusammengefasst, für die das populäre Nothogenus x Seleniphyllum Rowley geschaffen wurde, das später aber
aus Prioritätsgründen in x Epinicereus Wegener geändert werden musste (Heath 1992).
Der erste Autor, der die hybride Abstammung der ’Cooperi’ anzweifelte, war Myron Kimnach (1967), der sie als Wildform in die unmittelbare Verwandtschaft
von 'Epiphyllum crenatum var. kimnachii' stellte. Demgegenüber stehen die Erkenntnisse von Innes und Passmore (1968), die 'Epiphyllum crenatum'
und Selenicereus grandiflorus erneut gekreuzt hatten und als Nachkommen typische Cooperi-Formen erhielten, so dass die alte Auffassung von
deren Hybriden Ursprung endgültig klar zu sein schien.
1997 publizierten Metz, Kimnach et al. in der
"Haseltonia"
eine Studie, in der durch aufwändige DNA-Untersuchungen bestätigt werden konnte, dass die ’Cooperi’ sehr wohl eng verwandt ist mit
Epiphyllum crenatum bzw. dessen Varietät kimnachii. Die relativ geringfügigen Unterschiede zu letzterer Pflanze (z.B. die andersartige Anordnung
der äußeren Blütenblätter auf dem Rezeptaculum) könnten eventuell erklärt werden durch natürliche Kreuzung der beiden Unterarten Epiphyllum crenatum var.
crenatum und Epiphyllum crenatum var. kimnachii am gemeinsamen Wildstandort.
Damit stehen nach wie vor zwei konträre Auffassungen über die Abstammung der ’Cooperi’ einander gegenüber, die beide durch gute Argumente untermauert werden
können. Nach meiner Meinung könnte es sein, dass beide „Lager“ recht haben, dass nämlich durch Kreuzung von Epiphyllum crenatum mit Selenicereus grandiflorus
der sehr seltene Fall eingetreten sein könnte, dass die aus dieser Allianz entstandenen Hybriden sich der erstgenannten botanischen Art oder deren Unterart
so sehr zum Verwechseln ähnelten, dass man hier von der Entstehung einer sog. „synthetischen Art“ sprechen könnte. Die ’Cooperi’ (und zwar nur diese Pflanze)
in unseren Sammlungen könnte demnach - ohne dass wir es im Einzelfall wissen - entweder eine Wildpflanze aus der engsten Verwandtschaft von Epiphyllum crenatum
oder aber eine Hybride zwischen dieser Pflanze und unserer „Königin der Nacht“ sein.
Bild 11: ´Canary Princess´
- Bei andern Familien weit verbreitete rote, blaue und violette Pflanzenfarbstoffe.
- Das reinste Blau innerhalb der Cactaceae tritt bei Disocactus (syn. Wittia) amazonicus (Schum.)~ Hunt auf, kann aber von Klon zu Klon recht unterschiedlich in der Intensität sein.
- Nicht zu verwechseln mit der speciosus-blütigen Haage-Sorte gleichen Namens, die karminrot blüht.
- Siehe Farbfoto in: Innes/Glass: Cacti, S. 88 (New York 1991)
- Beide Arten sind "alte Bekannte" in europäischen Sammlungen und kommen hier häufig nur noch in verbastardierter Form vor, ähnlich wie wir es schon von einigen Echinopsis- oder Selenicereus-Species her kennen.
- Siehe hierzu auch meinen Artikel über Miniatur- Phyllokakteen mit Abbildungen in Kaktusblüte 7, April 1990
- Siehe hierzu auch meine Artikel in Kaktusblüte 5, 6 u.8.
Bemerkung Webmaster K. Rippe
Diese Einschätzung kann ich aus meiner langjährigen Erfahrung mit der ´Madeline´ nicht bestätigen. Das deckt sich mit Kulturerfahrungen anderer Liebhaber die die Sorte ´Madeline´ über viele Jahre problemlos kultiviert haben. Meines Erachtens ist diese George French Hybride eine der Besten gelben Phyllosorten überhaupt. Da George French diese Sorte nach seiner Frau Madeline benannt hat, kann man ebenfalls davon ausgehen das es sich um eine sehr gute Sorte handelt. Bei mir hat die Madeline in einer Vielzahl von Jahren, unter vollkommen unterschiedlichen Kulturbedingungen in Nordeuropa und in Andalusien, beste Ergebnisse gebracht. Meine Empfehlung, eine sehr empfehlenswerte gelbe Phyllo-Hybride.
´Verano´:
Bei mir hat die Sorte Verano in vielen Jahren der Kultur keinerlei Probleme mit niedrigen Temperaturen gezeigt. Mehrere Verano Pflanzen standen an unterschiedlichen Plätzen im kalten Gewächshaus mit allen anderen Phyllos zusammen ohne irgend welche Probleme durch zu kalte Aufstellung zu zeigen. Eine gesonderte Behandlung und ein spezieller wärmerer Platz wäre unter meinen Kulturbedingungen auch nicht möglich. Der grosse Vorteil dieser Hybride liegt meines Erachtens in den sehr schönen dunkel gelben und kompakten Blüten. Dazu werden die Pflanzen bei weitem nicht so gross und sparrig wie andere gelbe Phyllo-Sorten.
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Der Artikel 'Über gelbblühende Phyllokakteen', wurde 1994 in der 'Kaktusblüte' der Wiesbadener Kakteenfreunde veröffentlicht. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion der Kaktusblüte.