Seit etwa 10 bis 15 Jahren erfreuen sich Miniatur-Phyllokakteen, meist nur "Minihybriden" oder kurz "Minis" genannt, bei den Liebhabern epiphytischer Kakteen steigender Beliebtheit. Im Gegensatz zu ihren "großen Brüdern" zeichnen sich diese Pflanzen durch kleineren, z.T. auch sehr deutlich kleineren Wuchs aus, und ihre Blüten erreichen nur Durchmesser, die 10 bis 12 cm im allgemeinen nicht überschreiten, in einigen Fällen sogar kaum 5 cm erreichen. Besonders, was diesen letzten Punkt anbelangt, markiert die Züchtung dieser Pflanzen eine klare Abkehr von herkömmlichen Idealen, indem sie nämlich bewusst auf die Erzielung immer größerer Blüten bei Phyllos verzichtet, mit der nämlich zwangsläufig auch eine Herabsetzung der Blütenzahl einhergeht. So bewunderungswürdig die Erfolge auf diesem Gebiet auch waren und sind - die "magische" Grenze von Blüten mit 30 cm im Durchmesser ist vereinzelt erreicht, sogar schon überschritten worden und Blumen um die 25 cm gibt es geradezu massenhaft - es kann uns nicht verwundern, dass solche Exemplare, vor allem, wenn sie noch jung sind, kaum mehr als jeweils nur ein paar dieser Riesenblüten auszubilden vermögen, um sich danach viele Monate auf den nächsten "Kraftakt" dieser Art vorzubereiten. Dies ist einer der "wunden Punkte" unserer Phyllos, der ihnen eine größere Beliebtheit verwehrt, dass sie nämlich außer in ihrer kurzen, spektakulären Blütezeit im Frühjahr, wo ihre einmalig schönen Blumen viel Bewunderung und Anerkennung finden, zu lange in eine Art "Dornröschenschlaf" verfallen und "nutzlos" umherstehen müssen, als dass man sich ernsthaft mit ihnen beschäftigen möchte. Genau in dem Punkt könnten Miniatur-Hybriden als neue Rasse eine Wende bringen, denn sie sind in der Lage, mit speziell diesem Nachteil, aber auch mit einigen weiteren vermeintlichen oder realen Unzulänglichkeiten aufzuräumen, die man den "Großen" gern nachsagt:
1. Sie bringen zwar nur kleine, oft sogar nur miniaturhafte Blüten, aber diese erscheinen in so großer Fülle, dass man aus dem Staunen nicht
herauskommt. Nicht selten erwachsen aus jeder einzelnen Areole eines ausgereiften Triebes Knospen, die, gute Kultur vorausgesetzt, auch durchgebracht werden
und sich voll entwickeln.
2. Da diese Blüten weniger an die Substanz der Pflanzen gehen, können diese schon viel früher blühreif werden.Schon vor Jahrzehnten versuchten Haage und Knebel
mit Erfolg, dieses Zuchtziel zu verwirklichen, aber bei ihren sogenannten "jungblühenden" Kreationen handelte es sich um ansonsten "normal" wachsende Phyllos
mit normal großen Blüten, die in normaler Anzahl erschienen. Mit der früheren Blühreife der Minis hängt auch die erfreuliche Tatsache zusammen, dass Stecklinge
in aller Regel schon im folgenden Jahr Blüten bringen können, ein Extrabonus, der gern akzeptiert wird, da dies bei den herkömmlichen Gartenformen
verständlicherweise mindestens ein Jahr länger dauert.
3. Fast alle Miniatur-Hybriden blühen mehrfach im Jahr, also nicht nur zur Hauptblütezeit im Frühjahr, sondern auch zu andern Zeiten, insbesondere und gerade
auch im Herbst und Winter, wo ansonsten kaum etwas blüht. Wenn man sich auskennt und sich aus
dem mittlerweile gut sortierten Angebot einen Grundstock geeigneter Pflanzen auswählt, ist es möglich, in allen Monaten
des Jahres Blüten zu sehen, ein Vorteil, der nicht nur
gegenüber den "großen Brüdern" besonders zu Buche schlägt und
nicht hoch genug zu würdigen ist. Die Dauer des Flors ist dabei
vergleichbar mit der bei andern Phyllos, aber unter dem Einfluss
kühlerer Temperaturen im Herbst und Winter kann die Haltbarkeit
der Einzelblüten bedeutend länger sein als die üblichen 2 bis 3
Tage, die während der wärmeren Jahreszeiten als Durchschnitt
gelten können.

Abb. 1 ´Cheerfulness´

Abb. 2 ´Petey Kelly´
4. Einige Mini-Hybriden zeigen ein bei Kakteen sehr seltenes
Phänomen. Sie sind in der Lage, aus einer einzigen Areole
mehrere Blüten entweder zugleich oder nach und nach zu
entwickeln. Normalerweise können sich aus Areolen bei Phyllos
und andern Kakteen nur ein einziges Mal Blüten oder
Seitensprosse bilden, danach sind sie "tot". Triebe, die
solchermaßen schon oft geblüht haben, werden nach einiger Zeit
"wertlos" und müssen, wie allgemein bekannt ist, dann
zurückgeschnitten werden, damit sich die nachwachsenden
Jungsprosse besser entwickeln und somit auch besser blühen
können. Bei den Minis mit oben charakterisierten, sogenannten
"proliferierenden Areolen" ist ein Rückschnitt zunächst nicht
zu empfehlen, da sie ja weiterhin blühen können, was als
zusätzlicher Pluspunkt zu werten ist. Spätere Blüten aus
solchen Sprossknospen erkennt man übrigens daran, dass sie an
einer etwas anderen Stelle derselben Areole und infolgedessen
in einer merkwürdigen Winkelstellung zu ihr erwachsen und dann
den Eindruck vermitteln, unnatürlich "schief" zu den Sprossen
zu stehen, was der Schönheit aber keinen Abbruch tut.
5. Als letzter wichtiger Punkt ist hervorzuheben, dass etliche
Mini-Sorten in ihren Dimensionen eher bescheiden bleiben, auch
wenn man fairerweise zugeben muss, dass ein Teil dieses "Gewinns"
dadurch wieder verloren geht, dass fast alle wegen ihrer
hängenden Wuchsform als Ampelpflanzen gehalten werden müssen.
Andererseits findet sich für Ampeln oft noch ein Plätzchen, wo
andere, aufrecht wachsende Exemplare nicht untergebracht werden
könnten, so dass man insgesamt doch sagen kann, dass sich der
kompaktere Gesamthabitus dieser Pflanzen als erfreuliches
Faktum herausstellt.
Bei so vielen Vorteilen wäre es nur eine Frage der Zeit, wann diese neue Rasse unsere herkömmlichen Phyllos verdrängen würde. Dem ist jedoch nicht so, denn die "Minis" haben gegenüber den "Maxis" auch ein paar Mankos, die nicht unerwähnt bleiben sollen:

Abb. 3 ´Lilliput´

Abb. 4 ´Delicate Jewels´
1. Unter den Phyllos gibt es mittlerweile über 6.000 registrierte Sorten in allen möglichen Blütengrößen, -formen und -farben, außer in reinem Grün und Blau. Die Auswahl ist schier unermesslich! Diese Fülle an vor allem verschiedenfarbigen Kreuzungen ist bei unsern Minis aber noch lange nicht erreicht. Es gibt zwar inzwischen auch schon mehrfarbige und sogar gute, gelbblühende Formen, aber die meisten bringen etwas einseitig nur Blumen im rot-rosa-orangenen Farbbereich geringeren Sättigungsgrades. Anders als bei den Maxis ergibt sich die Attraktivität dieser Pflanzen deshalb weniger durch die Wirkung ihrer kleinen, oft relativ blassen Einzelblüten, als durch deren in verschwenderischer Fülle erscheinenden Gesamtzahl, die den Betrachter in Entzücken versetzt.
2. Viele Mini-Hybriden sind empfindlicher gegen kühlere
Temperaturen als ihre größeren Brüder, worauf ich später noch
im einzelnen eingehen werde. Sie sind nicht schwer zu
kultivieren, aber bestimmte Formen brauchen Mindesttemperaturen
von 12, besser 14 Grad Celsius, was ihre "Tauglichkeit" in
manchen Liebhabersammlungen aber einschränkt.
3. Trotz erzielter Anfangserfolge wachsen viele Hybriden noch
nicht kompakt genug, um als echte "Miniaturen" gelten zu
können. In der Zucht ist mehr als bisher darauf zu achten, auch
im Habitus kleine Pflanzen zu erzielen, denn - und davon bin
ich fest überzeugt - erst dann und im Zusammenhang mit den
o.a. Vorteilen wird ihnen eine noch größere Popularität zuteil
werden.

Abb. 5 ´Apricot Sensation´

Abb. 6 ´Equator´
Wie war es nun möglich, die bereits geschilderten Anfangserfolge zu erzielen? Zunächst, so ganz neu sind diese Phyllos keineswegs! Schon Knebel hat mit Sorten wie 'Harald Knebel', 'Frühling', 'Erich Matthes', 'Frau Maria Rühl', u.a. den Weg andeutungsweise beschritten, der heute so erfolgreich zu werden verspricht. Theresa Monmonnier, eine der bekanntesten amerikanischen Züchterinnen der frühen Nachkriegsjahre, verwendete sehr erfolgreich
Nopalxochia phyllanthoides (De Candolle) Br.& R. 1) - als botanische Ausgangsart selbst schon ein Mini mit bemerkenswerten Eigenschaften - sowie Disocactus (syn. Chiapasia) nelsonii (Br.& R.) Lindinger, um eine neue klein-, aber vielblütige Rasse zu erzielen, die damals aber noch nicht "Miniatur-Hybriden" genannt wurde. Einige Gartenformen von damals sind heute aber unter dieser neuen Wortschöpfung immer noch zu haben, was zeigt, wie weit diese inzwischen längst verstorbene Züchterin ihrer Zeit voraus war.
So richtig populär wurde die neue "Mini-Welle" aber erst vor ca. 15 Jahren, als man daran ging, planvoller zu züchten. 2) Als Ausgangsmaterial verwendete man, wie bisher schon, Nopalxochia phyllanthoides, vornehmlich ihre minimal differenzierte Selektionsform 'Deutsche Kaiserin' 3) und Disocactus nelsonii. Hinzu kamen als ungemein wichtige Elemente dieser neuen Rasse Pseudorhipsalis macranthus Alexander (vielfach auch bei Disocactus Lindley geführt) sowie
Disocactus biformis (Lindley)
und Disocactus eichlamii (Weingart) Br.& R.,
die deshalb so bedeutend sind, weil sie kleinwüchsig sind und reichlich und mehrfach im Jahr ihre kleinen Blüten bringen, was sich auch bei den neuen Hybriden bemerkbar machte. Zur Erweiterung der Farbpalette wurden vereinzelt botanische Arten der Gattungen Heliocereus (Berger) Br.& R., Aporocactus Lemaire und Epiphyllum Haworth sowie Phyllos eingekreuzt, wodurch diese neuen Kultivare nicht nur abwechselungsreicher blühten, sondern auch robuster wurden. Der Duft mancher Blumen ist in erster Linie Pseudorhipsalis macranthus zuzuschreiben, mag hier und da aber auch auf die neue Verwandtschaft mit den "Großen" zurückzuführen sein, unter denen ja eine ganze Reihe duftender Sorten zu finden sind.
Alles in allem stellen Miniatur-Hybriden eine ideale Ergänzung zu letzteren dar, die in keiner Sammlung fehlen sollten. Die Entwicklung
steht erst an ihren Anfängen! Durch weiteres planmäßiges Kreuzen der vorhandenen Sorten untereinander sollte es möglich sein, noch kleinere Gartenformen zu erzielen mit noch farbenfreudigeren Blüten, die noch mehr als bisher schon auch außerhalb der frühjährlichen Hauptblütezeit erscheinen sollten. Nach langjährigen Erfahrungen, die ich mit diesen Pflanzen sammeln konnte, möchte ich diese in 5 Gruppen einteilen, in denen der Einfluss jeweils einer der Ausgangsarten meist so stark dominiert, dass sie sich in ganz augenfälliger Weise voneinander unterscheiden.
Die erste Gruppe wird gebildet von Nopalxochia phyllanthoides und ihr nahestehenden Sorten, die in der Blütenform stark an die 'Deutsche Kaiserin' erinnern, entfernt Narzissenblüten ähneln, und deren Blumen in der Regel um die 10 cm oder etwas mehr im Durchmesser groß sind. Die Blühwilligkeit der meist als Samenlieferant ("Mutter") verwendeten Ausgangsart ist schon sprichwörtlich, und dies wie auch die Tendenz, im Herbst noch einmal zu blühen, haben sich sehr oft auf die Nachkommenschaft ausgewirkt, in manchen Fällen aber auch deren Blattfleckenkrankheit, gegen die es kein Mittel gibt, die aber erst ältere Triebe befällt, besonders, wenn die Pflanzen im Sommer über längere Zeit Nässe und Kühle ertragen müssen. Kann man ihnen einen überdachten, regengeschützten Platz im Freien bieten, hält sich diese Krankheit in erträglichen Grenzen, die ansonsten die Pflanzen kaum beeinträchtigt, sondern eher ein ästhetisches Problem darstellt, das durch späteren Verjüngungsrückschnitt weiterhin gemildert werden kann. Die meisten Mitglieder dieser Gruppe wachsen als Ampelpflanzen leider etwas sparrig, benötigen also mehr Platz als andere Minis, sind dafür aber in aller Regel robuster und können im Winter bei 10 Grad und darunter gehalten werden. Die Angehörigen dieser Abteilung sind überwiegend Monmonnier-Schöpfungen und damit bereits älteren Datums, denn Pseudorhipsalis- und Disocactus-Eigenschaften stehen bei Neuzüchtungen momentan eindeutig höher im Kurs (siehe unten). In diese Gruppe gehören Hybriden wie 'Bambi', 'Rosetta', 'Gay Senorita', 'Dragonet', 'Infanta', 'Fairy Bell', 'Grand Duchess', 'Mormor', 'Pink Parasol', 'Ursula Le Guin', u.v.a.

Abb. 7 ´Deutsche Kaiserin´
In die zweite Gruppe gehören die Disocactus (Chiapasia) nelsonii
-Hybriden.
Die Blüten sind wie bei der Art glockenförmig und ähneln Lilien-Blumen. Sie sind meist kleiner als bei den phyllanthoides-Abkömmlingen, und auch die Triebe sind etwas dünner, so dass diese Blendlinge kompaktere Ampelpflanzen abgeben und dem Ideal der Kleinwüchsigkeit etwas näher kommen. Die Gartenformen sind im Vergleich zur primadonnahaften Ausgangsart viel robuster und ausreichend unempfindlich gegen kühlere Temperaturen, wenn sie auch nicht ganz die Härte der ersten Gruppe erreichen. Sie blühen gut, viele auch im Herbst/Winter, erreichen aber meist nicht ganz die sagenhafte Blütenfülle der oben genannten Kategorie. Erwähnenswert ist aber, dass unter diesen Pflanzen bereits solche mit proliferierenden Areolen vorzufinden sind, was für sie spricht. Hierher gehören die älteren Monmonnier-Kreationen 'Chiapora Nayada', 'Chiapora Pinky', 'Marionette', 'Angels Trumpet', u.a., aber auch Knebels leider sehr empfindliche 'Frühling' sowie die neueren Sorten 'Elberta Kipp' (eine viel härtere Weiterentwicklung der vorigen) 'Fern LaBorde', 'Diana Inglese', 'Cheerfulness' (mit dem dunkelsten, mir bekannten Rot der Blüten),'Petite Pink', 'Apricot Sensation', 'Raspberry Ice', 'Sweet Kisses', u.a.
Bei der dritten Gruppe handelt es sich um Disocactus biformis und Disocactus eichlamii-Hybriden, die sich nur wenig voneinander unterscheiden. Die Disocactus biformis-Abkömmlinge neigen zu Blüten mit ausgeprägter, regelmäßiger Glockenform mit weit zurück geschlagenen Petalen, während der Flor der Disocactus eichlamii-Blendlinge sich vielfach etwas geringer öffnet und dabei weniger gleich-
mäßig glockig ist. In dieser Abteilung finden wir die kleinsten Pflanzen mit dem kleinsten, fast filigranartigen Flor, der sich oft wie miniaturhafte Ausgaben der obigen nelsonii-Hybriden ausnehmen und überaus reichlich zu praktisch allen Jahreszeiten erscheinen können. Die genannten Stammarten sind wenig sukkulent und wärmebedürftig, was auch für die meisten - wennauch nicht für alle - Kreuzungen hier gilt. Sie sind leicht zu kultivieren, wenn man ihnen möglichst keine Temperaturen unter 12 - 14 Grad zumutet und sie regelmäßig, aber mit Bedacht und in Maßen wässert, da sie bei allzu langen Gießpausen fast wie andere Grünpflanzen vertrocknen können, andererseits aber auch gegenüber allzu großer Nässe des Substrats empfindlicher als andere mit Wurzelverlust reagieren. Diese Hybriden sind wie die folgenden Pseudorhipsalis (Disocactus) macranthus-Sorten ideale Zimmerpflanzen, die sich, über dem Fensterbrett hängend, unter Weihnachtssternen, Monsteras, Hibiscus- und Ficus-Arten, Callas, Bromeliengewächsen, Zimmerorchideen, Weihnachts- und Osterkakteen usw. sehr wohl fühlen und auch ähnliche Lichtanprüche stellen, indem sie möglichst helle Standorte lieben, aber keine direkte Sonne vertragen, außer in den Wintermonaten. Sehr viele der im Folgenden angeführten Kultivare sind Schöpfungen eines des profiliertesten und produktivsten Züchters unserer Tage, dem wir Hunderte von herrlichen Phyllo-Hybriden aller möglichen Kategorien verdanken: Wressey Cocke aus Redondo Beach, Kalifornien! Beispiele, die hierher gehören, sind: 'Delicate Jewels', 'Pete's Snowflake', 'Red Elf', 'Christmas Red', 'Nathalia', 'Sugar Baby', 'Gold Coin', 'Leprechaun', 'Sweet Kisses', 'Märzsonne' 4), 'Eve`(die kleinste Mini-Hybride mit den kleinsten Blumen, die ich kenne) u.v.a.

Abb. 8 ´Gold Coin´

Abb. 9 ´Oriental Spring´
In die vierte Gruppe lassen sich alle Pflanzen einordnen, die von Pseudorhipsalis (Disocactus) macranthus abstammen, einer kleinblütigen Art 4) mit Kronen von 4 - 6 cm im Durchmesser und wenigen, cremfarbenen bis gelblichen Petalen, die sich nicht ganz einheitlich, jedoch weit öffnen und dadurch ein gewisses "spinnenhaftes" Aussehen haben. Die Blüten erscheinen in Massen und duften stark; die Pflanzen werden nicht allzu groß und sind gut in Hängekörbchen zu halten. Sie und ihre Hybriden verlangen ebenfalls mehr Wärme und können genauso gehalten werden, wie die Kultivare der vorigen Gruppe, denen sie manchmal auch im Gesamthabitus ähneln, obgleich sie im Durchschnitt etwas größere Dimensionen erreichen. Die Maße der Blüten sind uneinheitlich und reichen von 5 bis 12 cm im Durchmesser, wobei aber ihre typisch flatterige, z.T. fast radförmige Gestalt immer erkennbar bleibt. Unter den Repräsentanten dieser Gruppe, von denen wiederum eine ganze Anzahl aus der Hand Wressey Cockes stammen, gibt es besonders viele Winterblüher, und der Duft, der viele auszeichnet, wird als willkommene Beigabe empfunden. Auch unter den im folgenden aufgelisteten Exemplaren kommen viele mit proliferierenden Areolen vor: 'Tiny Flame', 'George's Favourite', 'Solis Glow', 'Sand Pebbles', 'Wild Honey', 'Naranja', 'Lollipop', 'Confetti', 'Frühlingsanfang' 4), 'Petey Kelly', 'Fred Boutin' (die letzten beiden blühen in einem bei Minis noch seltenen Gelb), u.v.a.
Die fünfte und letzte Gruppe schließlich ist uneinheitlicher. Sie umfasst alle solche Pflanzen, die sich nicht in eine der obigen Kategorien einordnen lassen. Es handelt sich hier entweder um Hybriden, die durch das Einkreuzen mit großen Phyllos deren Blütenform und -farben geerbt haben bei ansonsten noch "minihaftem" Gesamteindruck, oder um Blendlinge, bei denen eine prägnante Dominanz einer der obigen botanischen Ausgangsarten nicht mehr feststellbar ist bzw. nur noch erahnt werden kann. Letztere sind meist Kreuzungsprodukte zwischen Eltern, die verschiedenen Gruppen im obigen Sinn angehören und deren charakteristischen Merkmale sich in den Filialgenerationen allmählich
"verwischt" haben. Gemäß ihrer heterogenen Herkunft gibt es in dieser Gruppe keine gemeinsamen Merkmale mehr; die Pflanzen sind habituell nicht einheitlich und bei den Blüten gibt es deutliche Unterschiede in Größe, Form und Farbe, wobei letztere am intensivsten von allen Minis bei denen ist, die von den "Großen" abstammen.
Diese Kultivare sind zudem auch ziemlich robust, dafür aber nicht die kompaktesten, und manche von ihnen kann man ebenso gut aufrecht wachsend an Stöcken wie als Ampelpflanzen ziehen. Zu dieser Gruppe zählen 'Destiny', 'Shinto', 'Snowflake', 'Lady Luck', 'Sugar Plum Fairy', 'Lilliput', 'Orange Bouquet', 'Kind of Special', 'Piland's Pride', 'Wedding Bells', 'Equator' (nicht zu verwechseln mit der Haage-Züchtung 'Aequator'), wobei noch zu erwähnen ist, dass diese Gruppe durch weitere Hybridisierung untereinander zukünftig wohl noch an Umfang zunehmen wird.
Falls Sie, lieber Leser, Interesse an diesen Gartenformen gefunden haben, wenden Sie sich bitte an die weiter unten angeführten Firmen, die normalerweise über ein größeres Angebot verfügen. Patentrezepte über die praktische Haltung zu geben, ist hier nicht möglich, da die Pflanzen insgesamt zu verschieden sind, und sich die individuellen Gegebenheiten bei den einzelnen Liebhabern auch zu unterschiedlich gestalten. Sie sind aber für gewöhnlich nicht schwer zu kultivieren, wenn man bedenkt, dass alle diese Geschöpfe Epiphyten sind und wie solche behandelt werden müssen. Durch den täglichen Umgang mit ihnen lernt man am besten selbst, welche Ansprüche und Bedürfnisse gestellt werden, die ganz ähnlich sind wie bei Weihnachts- und Osterkakteen, über die ich in den letzten beiden Ausgaben von "Kaktusblüte" ausführlich berichtete. Wenn man nicht gerade zu den Sammlern gehört, deren Leidenschaft vornehmlich stachelstarrenderen Objekten gewidmet ist, wird man sehr viel Freude an Miniatur-Hybriden finden und deren Blütenfülle zu verschiedenen Jahreszeiten ganz besonders zu schätzen wissen.

Abb. 10 ´Naranja´
Fußnoten
1) In einer kritisch überarbeiteten Liste von anerkannten
Gattungen innerhalb der Cactaceae, die von einer IOS-
Arbeitsgruppe 1984/85 erstellt wurde, werden die Gattungen
Heliocereus (Berger)Br.& R., Nopalxochia Br.& R. und Disocactus
Lindley (ohne Pseudorhipsalis Br.& R. und Wittia K.Schumann)
unter dem nomenklatorisch ältesten Namen Disocactus Lindley
1845 vereint. Barthlott (1988) geht noch einen Schritt weiter,
indem er auch noch Aporocactus Lemaire in die neue
Sammelgattung einbezieht.
2) Die Züchtung von Mini-Hybriden wie auch von Phyllos allgemein
geschieht heute fast ausschließlich in Südkalifornien, wo vor
allem auf Grund des dort herrschenden günstigen Klimas
ganzjährig Gartenkultur ohne Unterbringungsprobleme möglich
ist.
3) Um die Herkunft der 'Deutschen Kaiserin' wurde bis in die
heutigen Tage viel herumgerätselt. Manche meinen, sie sei eine
Hybride der botanischen Art Nopalxochia phyllanthoides, andere
gehen davon aus, dass es sich bei ihr lediglich um eine
Selektion obiger Species handele, die nur etwas größere Blüten
bringe. Ohne auf diese Frage hier näher eingehen zu können,
möchte ich mich hier entschieden gegen die Hybridentheorie
aussprechen, was gerade durch Kreuzungsversuche mit dieser
Pflanze erhärtet werden kann.
4) Alfred Lau fand vor Jahren eine interessante Variante dieser
Pflanze mit bläulich bereiften Trieben und erheblich größeren,
ebenfalls duftenden Blüten, die bis vor kurzem nur unter der
Lau-Nr.1263 bekannt war, inzwischen aber von Ernst Ewald,
Hamburg, als Disocactus macranthus var. glaucocladus in
"Epiphytes" 13 (52):106 -108, 1989 beschrieben wurde. Diese
Pflanze benutzte Kurt Petersen, Osterholz-Scharmbeck, für viele
seiner Kreuzungen, u.a. auch mit Disocactus nelsonii
(= 'Frühlingsanfang') und mit Nopalxochia phyllanthoides
(= 'Märzsonne'). Während erstere Hybride eindeutig in die Gruppe
vier gehört, ähneln die Blüten der 'Märzsonne' eher denen der
Disocactus biformis/eichlamii - Abkömmlinge (Gruppe drei),
obgleich beide Arten an der Entstehung dieser Gartenform gänzlich
unbeteiligt waren.
Der Artikel 'Miniatur-Phyllokakteen', wurde 1990 in der 'Kaktusblüte' der Wiesbadener Kakteenfreunde veröffentlicht. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion der Kaktusblüte.